Dienstag, 28. September 2010

Die ultimative Liste

12 Dinge, die ich an den USA liebe!

1. Die Amerikaner, weil sie so nett und freundlich sind, immer zu einem Smalltalk bereit. Es ist so einfach: lächeln, in die Augen gucken, was Nettes sagen und dann seiner Wege gehen. Unkompliziert! Kann man an jeder Ampel machen, einfach mal fremde Leute anquatschen. Zum Beispiel: Hey, you should walk with a smile. Und schon lächelt jemand, der Tag ist gerettet. Gefällt mir! Achtsam und höflich sind die Amerikaner im Umgang miteinander. Am Pool werden z.B. Arschbomben gemacht, aber hinterher wird schön brav gefragt, ob etwa jemand nass geworden ist. Auch gedrängelt wird nicht, in der Regel bilden sich Warteschlangen, sogar vor dem Caltrain.

2. Die Landschaft. Grand Canyon, Yosemite, Death Valley - in die USA reist man vor allem der atemberaubenden Landschaften wegen (Ausnahmen sind natürlich Städte wie San Francisco, New York oder Miami), es gibt unzählig viele und wunderschöne Nationalparks. Wer die Natur richtig genießen will, der steht früh auf und macht das bei Sonnenaufgang. Sonnenuntergang ist natürlich auch nicht schlecht. Zu beiden Tageszeiten gibt es das schönste Licht, mittags ist es zu grell. Die Landschaft ist groß und beeindruckend, die Entfernungen weit, für die Naturerlebnisse sitzt man vor allem im Auto (siehe Punkt 4) und legt viele Kilometer zurück. Es lohnt sich. Unvergessliche Eindrücke warten.

3. Lebenslanges Lernen. In den USA wird Lernen groß geschrieben - und zwar von der Wiege bis zur Rente. Die Continuing Education nach der High School oder dem College spielt eine wichtige Rolle und es gibt unzählige Online Classes, fast jede Universität bietet Fortbildungen für Erwachsene an. Die Kurse sind beliebt, die Leute lernen gerne und oft. Diese positive und aufgeschlossene Einstellung zu Bildung und lebenslangem Lernen mag ich. Natürlich gibt es auch Adult Schools, was unseren Volkshochschulen entspricht.

4. Das Autofahren, weil es so entspannt ist. Okay, wegen des Tempolimits kann man hier nicht mit 200 Sachen über die Autobahn rasen, aber dafür kann man beim Fahren gemütlich seinen Kaffee trinken oder gar einen Burger essen. Tempomat einschalten und cruisen. Die Straßen sind breit und alle fahren sehr vorausschauend, lassen lieber dem anderen die Vorfahrt als sich auch nur einmal vorzudrängeln. Für Fußgänger und Radfahrer wird immer angehalten, manchmal auch wenn die gar nicht wollen. ; ) Keine Hupkonzerte, keine Schimpferei, keine Hektik, Autofahren in den USA ist gemütlich und entspannt. Aber vielleicht liegt das auch nur an der Waffe, die angeblich jeder in seinem Handschuhfach versteckt hat? Glaub ich nicht ...

5. Das Selbstbewusstsein und Engagement. In den USA ist alles möglich. Hier wird nicht gefragt "Schaffe ich das? Ja oder nein", sondern "Wie kann ich das schaffen?", denn mit der Antwort darauf wird auch das Unmögliche möglich. Ich war erstaunt, wie viel wirtschaftliches Grundwissen hier jeder hat und viele haben neben ihrem Brot-und-Butter-Job noch ein eigenes kleines Business nebenbei, um sich ein paar Dollar dazu zu verdienen. Finde ich toll! Und auch das Bürgerengagement in sozialen Projekten und beim Volunteering beeindruckt mich. Hier fühlt sich jeder selbst verantwortlich und will etwas bewegen. Respekt!

6. Toleranz und Offenheit. Okay, mit der Toleranz ist es manchmal etwas schwierig, wenn man schon beim zweiten Glas Wein schief angeguckt wird. Alkohol! In rauen Mengen! Ausschweifungen und Exzesse! Aber grundsätzlich gefällt mir, dass hier jeder machen und tun und lassen kann, was er will. Freiheit! Es kümmert niemanden, wie man rumläuft. Der unrasierte Typ mit dem Tomatenketchupfleck auf dem weißen T-Shirt, der aussieht wie ein Obdachloser, das kann auch ein CEO eines Fortune 500 Unternehmens sein. Die Mexikanerin, die in ihrem Zweitjob die Klamotten vor den Umkleiden sortiert und kein Wort Englisch spricht, alle gehören dazu und werden mit Respekt und Wertschätzung behandelt. Es geht nicht so bürokratisch zu, alles wird umarmt. Hier kann ein Landschaftsarchitekt nach zehn Jahren den Job wechseln und in der IT-Branche arbeiten, nur weil er dazu Lust hat - das geht, und zwar ohne Umschulung, einfach so. Vielleicht liegt es am Vertrauen in die Menschen.

7. Sandwiches und Burger. Man kann ja viel über die amerikanische Küche lästern, aber wenn die Amerikaner etwas zubereiten können, dann sind es Sandwiches und Burger. Mit dem Essen ist das so eine Sache. Schnell muss es gehen, Fast-Food- und große Restaurant-Ketten sind überall, Plastikbecher und -teller wohin man guckt oder man kriegt das Essen gleich in einer Papiertüte to go. Fazit: Wenn man's eilig hat oder am Strand picknicken will, ist das wirklich toll! Trotzdem würde ich manchmal gerne nach der Bestellung richtig lange auf das Dinner warten. Nicht nur weil ich dann weiß, dass das Gericht frisch zubereitet wurde. Auch weil ich dann Zeit hätte, den Abend und die nette Gesellschaft zu genießen. Wenn man um sieben Uhr zum Abendessen verabredet ist, sitzt man spätestens um neun Uhr wieder zu Hause vor dem Fernseher. Was in den USA kulinarisch vorherrscht, ist All American Food wie Sandwiches, Burger, Steaks und Pommes pur, Pommes mit Knoblauch oder Pommes aus Süßkartoffeln. Und natürlich der obligatorische Truthahn mit Kartoffelpüree zu Thanksgiving und allen anderen Festtagen. Die Anzahl der typischen Gerichte ist also überschaubar, danach hat man allerdings eine Riesenauswahl unter den Zutaten. Wollen Sie beim Salat lieber grünen, Spinat, Farmer's Salad oder market selection? Und das Dressing? Himbeeressig, Italian, Honey Mustard usw. So hangelt man sich bei einer Bestellung regelmäßig durch die unzähligen Optionen und mit etwas Übung schmeckt die Kombi am Ende auch. Auffällig sind die riesigen Portionen. Gerne wird die restliche Hälfte in der Box mitgenommen und am nächsten Tag in der Mikrowelle warmgemacht. Ehrlich gesagt, das Fast Food werde ich nicht vermissen, und damit sind nicht nur Buden wie Burger King und McDonald's gemeint. Aber ich mag die riesigen Sandwiches, frisch zubereitet vom Deli, und die leckeren Burger und mir gefällt, dass die internationale Küche so präsent ist in der Bay Area. In den vielen asiatischen Restaurants (thai, vietnamesisch, mongolisch, koreanisch, chinesisch, indisch) und auch in den mexikanischen und mediterranen (türkisch, griechisch, arabisch) waren wir oft zu Gast.

8. Klar, Social Media und High Tech dürfen nicht fehlen, wenn man ein Jahr im Silicon Valley lebt. Erfindungen wie Internet & Co. sind einfach genial. Am anderen Ende der Welt Tagesschau gucken? Radio Fritz hören? Chatten und Fotos oder Videos den Freunden zeigen? Kein Problem. Wer will, kann fast überall auf der Welt auf einer virtuellen Insel mit Deutschlandanschluss leben, die Technik, die ja meist aus dem Silicion Valley stammt, macht's möglich. Da kommt gar kein Heimweh mehr auf. In der Bay Area (hier sagt man Bay Area statt Silicon Valley) sind die wichtigsten Accessoires im Café das Handy und der Laptop, und zwar die neuesten Modelle von Apple. Abends nach Feierabend werden Fernsehserien über Hulu TV oder Filme über TiVo geguckt und das Einschalten von Facebook, Twitter, LinkedIn und Youtube gehört zum Alltag wie das Zähneputzen. Praktischerweise ist das nicht nur Unterhaltung, sondern man pflegt gleichzeitig auch seine Kontakte. Quasi alles in einem Aufwasch, auch wenn dann manchmal die persönlichen Begegnungen in der "wahren Realität" etwas zu kurz kommen. Mir gefällt diese spielerische Liebe zur Technik und die selbstverständliche Integration in den Alltag. Bemerkenswert: Die Jugend in den USA verschickt keine E-Mails mehr. Lieber werden SMS gesendet (texting heißt das hier), über Facebook gepostet oder gechattet. Alles, was nicht mobil ist und wofür man extra den Rechner hochfahren muss, ist total oldschool. Es heißt, dass die US-Kunden in Bezug auf Technik-Produkte am wählerischsten und anspruchsvollsten sind. Hat ein Produkt sich in den USA bei den Käufern durchgesetzt, dann läuft es überall auf der Welt gut.

9. Serviceorientierung. Heute schon was geschenkt bekommen? Wenn die Kaffeebestellung zu lange dauert oder man im Supermarkt vergessen hat, das Obst zu wiegen - kein Problem, der Kunde ist König, dann kriegt er die Sachen eben geschenkt. Eingepackt werden sie ja sowieso schon für ihn. Selbstverständlich passiert alles ganz smooth ohne dass die Leute sich beschweren oder gar ärgern würden. Konsumieren soll schließlich Spaß machen und der Kunde gerne wiederkommen. Did you find everything okay? Mit einem Lächeln und gut gelaunt verlässt der Beschenkte den Laden. Und kommt nicht nur gerne wieder, sondern erzählt die Geschichte vom guten Service auch weiter. Die überall herumgereichten Kostproben gehören ebenfalls dazu. Word-of-Mouth-Marketing nennt sich so was. Mund-zu-Mund-Propaganda. Gutes spricht sich rum. Wer ein Geschäft betritt, wird freudig begrüßt und auf die aktuellen Rabatte hingewiesen - obwohl die auch unübersehbar im Schaufenster hängen. Doppelt gemoppelt hält besser. Könnte ja  sein, dass der Kunde vergisst zu sparen.

10. Was für eine Auswahl! Farmer's Markets, Supermärkte wie Whole Foods und Trader Joe's und die Shopping-Malls möchte ich jetzt auch erwähnen, denn das Warenangebot ist verblüffend vielfältig. Lammsbräu-Bier aus Bayern, Schweizer Käse, Voss-Wasser aus Norwegen - so weit weg von Europa, der große Teich dazwischen, und hier gibt's alles, was man sich vorstellen kann. Manchmal muss man suchen, aber dann findet man garantiert. Die USA sind ein Einkaufs-Paradies. Bei Kleidung gibt es z.B. Jeans in allen Längen und Größen, jede Figur findet hier das Passende. Ansonsten ist - für meinen Geschmack - die Mode zwar eher langweilig und bieder und Schuhgrößen ab 42 scheinen noch eine Marktlücke zu sein, aber die Ständer und Regale mit Übergrößen, Überlängen, Kurzgrößen und Petite sind faszinierend. Und was immer man über Globalisierung, Kapitalismus und die Reduzierung des Menschen auf Konsum denken mag, Einkaufen macht hier einfach Spaß - siehe Punkt 9. Es muss nur nicht 24 Stunden an sieben Tagen die Woche (24/7) sein.

11. Meditation. Ich habe eine Meditations-Klasse belegt und bin so begeistert, dass ich das in Deutschland auch gerne fortführen möchte. Meditation ist in der San Francisco Bay Area ein großes Thema. Das hat bestimmt auch mit New Age, der Hippie-Bewegung und kalifornischer Gegenkultur zu tun, das linke Berkeley war in den sechzigern die Hochburg der studentischen Protestbewegung und ist bis heute ein Symbol für Andersdenkende. Jedenfalls gibt es hier viele Retreats und buddhistische Zentren, das Esalen Insitut am Big Sur ist eine der berühmtesten Einrichtungen.

12. Licht und Wetter. In Kalifornien ist das Licht ganz besonders, achtet mal darauf, rot, blau, alle Farben strahlen. Ich liebe es! Deswegen lassen sich hier auch super Fotos machen (siehe Punkt 2), und tatsächlich ist Fotografie ein häufiges Hobby. Beim Anblick der vielen teuren Kameras und umfassenden Ausrüstungen könnte ich ganz neidisch werden. Meine kleine Sony kann da nicht gegen anstinken. (-; Macht aber auch gute Fotos. Ich glaube fest daran, dass sich extra wegen dieses speziellen Lichts die ganze Filmindustrie in Hollywood angesiedelt hat ... Ja, und das Wetter ist hier immer gut, die Sonne scheint vom blauen Himmel, seit April haben wir keinen Regen mehr gehabt, jetzt ist Ende September. Und weil das Wetter immer gut ist, spricht hier kein Mensch drüber. Ungewohnt! Vielleicht sind die Amerikaner deswegen die Meister des Smalltalks in meinen Augen - sie lassen sich einfach immer interessante Themen einfallen.

6 Kommentare:

B + J hat gesagt…

Also K. da fällt Dir ja der Abschied richtig schwer. Du hast Dir sicher schon ein riesiges Taschentuch besorgt für die Abschiedstränen ?
Aber - Old Germany ist auch nicht zu verachten!

linlin hat gesagt…

so ein schoener beitrag!

Baysix hat gesagt…

Hallo Richard,

stimmt, Englisch sprechen kommt auch nach ganz oben in die Liste. Als wir in Mountain View ankamen, hat jemand zu mir gesagt: "Your English is pretty good. I can understand you!" Die anfänglichen Redehemmungen konnte ich so ganz schnell überwinden. ; ) Die Bay Area ist multikulturell, hier sind - glaube ich - die Asiaten sogar in der Mehrheit, dann kommen die Amerikaner und Europäer und wenige Afroamerikaner - und jede Nationalität hat ihren eigenen Akzent, da reicht es aus, wenn man sich irgendwie verständigen kann. Ich bin schon auf der Suche nach englischen Konversationsgruppen oder ähnlichem in München.

Baysix hat gesagt…

Hallo Berlin,

ja, da findet sich bestimmt eine Schulter zum Anlehnen. ; )

Kalifornien wird hoffentlich nicht unser letzter längerer Auslandsaufenthalt gewesen sein. Mit Frankreich, der Schweiz, Italien und den USA kommen schon ein paar tolle Stationen zusammen. Mal sehen, was da noch kommt.

Baysix hat gesagt…

Hallo linlin,

danke, ist quasi der Saft von 1 Jahr Kalifornien und kommt raus, wenn man das Leben in Mountain View auspresst wie eine Zitrone. ; )

Baysix hat gesagt…

Ich habe die Liste noch um einige Punkte ergänzt - wes das Herz voll ist, des quillt der Mund über.

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